Zu Besuch bei den Alphühnern

Nach dem ordentlichen Alpaufzug der Rinder und Mutterkühe folgte im Mai ein kleinerer: Jener der Hühner. Wie die Rinder haben sie auf der Alp Kohlwald ihren eigenen Stall, ihr Revier und die Fürsorge des Älpler-Paars.

 

Silvan Wohlgensinger und Bettina Rust haben dank eigenen Hühnern immer frische Eier.
Silvan Wohlgensinger und Bettina Rust haben dank eigenen Hühnern immer frische Eier.

Das friedliche Kuhglockengeläut der weidenden Rinder wird ab und zu von gesanglich einwandfreiem Krähen unterbrochen. Es ist der kleine Antwerpner Bartzwerg-Hahn, der entweder seine Hühnerschar zusammenhalten will, sein Revier klarmacht, spezielles Futter gefunden hat oder Besuch ankündigt. Und das kommt nicht selten vor, ist die Alpwirtschaft Kohlwald doch ein beliebtes Ausflugsziel. Bis zur Alpwirtschaft gibt es kein Fahrverbot.

Als Bettina Rust und Silvan Wohlgensinger sich bewarben, den Alpbetrieb und die Alpwirtschaft für ein Jahr zu übernehmen, war klar: die Hühner kommen mit. Beide sind leidenschaftliche Kleintierzüchter und ein Sommer lang ohne Kleinvieh ist für sie kein richtiger Sommer. Auch der Traum, «z’Alp goh» hegten sie schon lange. Sie sind routinierte Berggänger, naturverbunden und packen gerne mit an.

Am 1. Mai war es soweit: Bettina Rust und Silvan Wohlgensinger tauschten ihre Jobs als Pflegefachfrau HF und Lastwagenchauffeur bei einer Käserei mit jenem der Älpler. Die 45 Hektaren grosse Alp wird mit 98 Tieren bestossen (28 Mutterkühe und 51 Rinder), davon 19 Schottische Hochlandrinder und fünf Sauen. Wenn es «ruch» und gewittrig ist, sind die Rinder im Laufstall. Bettina Rust und Silvan Wohlgensinger sind auch für Schlechtwetterphasen gerüstet und haben 100 Kleinballen Heu produziert. Zum Alpbetrieb dazu kommt die Alpwirtschaft mit 30 Innenplätzen und 100 Aussenplätzen.

Ist das ein alpenländisches Wildhuhn? Nein aber ein Alphuhn.
Ist das ein alpenländisches Wildhuhn? Nein aber ein Alphuhn.

Eier von glücklichen Alphühner

Nicht 100 sondern gerade mal fünf Hühner (vier Barnevelder und eine weisse Sebright) geniessen den Sommer auf über 1030 Metern über Meer. «Der Hauptgrund ist schon auch, dass wir immer frische Eier zum Ausgarnieren der Salate haben», erklärt Bettina Rust. Die Alp ist mit einem Generator im Stall ausgerüstet und zwei Solarpanel, die für Licht und Kühlschrank reichen. So ist die Menükarte angepasst, eben auch mit Salaten und den frischesten Eiern weit und breit, von glücklichen Alphühnern. Die Legeleistung ist stabil, die Eiergrösse entspricht 35 Gramm. Eine beachtliche Grösse, wenn man die kleinen aber robusten Tiere anschaut.

Die Tiere fühlen sich hier oben pudelwohl, ansonsten wäre es nicht zu erklären, dass bei einem der Hühner der Verdacht auf «Gluggerigkeit» besteht. Verhalten sich Hühner auf der Alp anders als auf dem Heimbetrieb? «Von Beginn weg liefen die Hühner in den Sauen-Auslauf und wir hatten Bedenken, dass sie «drunter» kommen. Doch das ist nicht der Fall. Die Schweine durchwühlen den Boden und die Hühner picken die Würmer draus», erzählt Silvan Wohlgensinger. Sauen und Hühner in Symbiose sozusagen. «Abends gehen die Hühner zudem viel später in den Stall als zuhause. Das vor allem weil hier oben die Sonne länger scheint», erklärt Bettina Rust. Die fünf Hühner und ihr Hahn kennen keinen Zaun oder Gehege – sie geniessen vollständigen Freilauf. Viel Zeit verbringen sie auf dem Misthaufen, mit dem Durchstöbern von Nahrung. Zusätzlich bekommen sie Futtermehl. «Doch viel fressen sie nicht, weil sie eben den Grossteil der Nahrung tagsüber selber finden», erklärt Bettina Rust. Frei von Feinden sind die Tiere aber auch hier oben nicht. So wurde auch schon mal der Fuchs gesichtet und Rotmilane kreisen über dem Stall. Das zeitgerechte Einstallen der Hennen ist daher unabdingbar.

Der Hahn hält immer ein wachsames Auge auf Hühner und Umgebung.
Der Hahn hält immer ein wachsames Auge auf Hühner und Umgebung.

Ein federreicher Alpaufzug

Doch wie kommt man auf die Idee einen Alpaufzug für Hühner zu veranstalten? «Mein Vater und ein paar Kollegen kamen auf die Idee», erzählt Silvan Wohlgensinger. Die Gruppe brachte so auch schon Hühner auf den Schafboden. Die Hühner werden frühmorgens sorgfältig in einem «Räf» auf einem Holzgestell die Alp hinaufgetragen. Ein besonders schönes Bild in der Alpkultur. Unterdessen kräht der kleine Hahn ein weiteres Mal. Die Alphühner sind ein schöner Anblick und begeisterten auch Wanderer und Gäste. Obwohl bis zur Gartenwirtschaft hoch haben sie es reviermässig noch nicht geschafft. Doch sie haben noch Zeit: Die Saison endet erst Ende Oktober.

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