Erneuerbare Energien in der Landwirtschaft: Chance oder Gefahr?

Unter dem Titel «Erneuerbare Energien in der Landwirtschaft eine Chance oder doch eine Gefahr?» fand der Herbst-Infoanlass des Bauernverbands See-Gaster in Benken statt.

«Ein Vortrag über die Stromzukunft in der Schweiz ist ein Thema, das uns alle in irgendeiner Form beschäftigt und auch interessiert.» Mit diesen Worten begrüsste der Tagesmoderator Thomas Kempf eine stattliche Schar Interessierter im Rösslisaal Benken. Dann trat er vorerst in den Hintergrund und überliess Martin Koller, Strategiechef von Axpo und Verwaltungsrat von Swissgrid, das Rednerpult. Dieser informierte im ersten Teil des Anlasses über die Stromzukunft der Schweiz.

Martin Koller, von Axpo und Swissgrid, in der Diskussion mit Marco Gadient (SVP) und Moderator Thomas Kempf (von links).
Martin Koller, von Axpo und Swissgrid, in der Diskussion mit Marco Gadient (SVP) und Moderator Thomas Kempf (von links).

Wie stark unser Wohlstand mit der Entwicklung der Elektrizität verknüpft ist, zeigte er anhand einer Grafik. Sie bildete die Energieentwicklung vom Torffeuer bis zum heutigen Angebot ab. Parallel dazu verlief die Kurve des stetig wachsenden Wohlstands. Ernüchternd die nächste Grafik, die das Ergebnis der Energiewende präsentierte. Denn ohne die heute dominierenden Energieträger fällt die Kurve drastisch schnell nach unten. Selbst wenn die Wende von 2050 auf 2070 verschoben wird. «Die Dekarbonisierung, das heisst der Ersatz von fossilen Brenn- und Treibstoffen, ist die grösste Herausforderung, welche die Menschheit jemals gehabt hat», ist sich Koller sicher. Es müsse viel getan werden, um den Ausfall wettzumachen.

Die Dekarbonisierung ist die grösste Herausforderung, welche die Menschheit jemals gehabt hat.

Unter anderem sprach Koller das sogenannte Energie-Trilemma an. «Ein System, das versorgungssicher ist, ist möglicherweise nicht das Billigste und auch nicht das Grünste», erklärte er. Die grünste Variante sei möglicherweise nicht die sicherste und ganz bestimmt auch nicht die billigste. Was bedeutet, dass Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit zu vereinen, nicht perfekt lösbar, aber optimierbar ist. Ebenfalls als Herausforderungen sieht er die Denkweise «aber bitte nicht in meinem Garten». Als gigantisch bezeichnete er gar die Aufgabe der Verkabelung. Hinzu kommt der Zeitdruck. «Wenn wir 2050 irgendwo sein wollen, müssen wir jetzt beginnen und schnell vorwärtsmachen.»

Bedenken und Sorgen

In der anschliessenden Diskussionsrunde traf Martin Koller auf den SVP-Politiker und Landwirt Marco Gadient aus Flums. Im Flumserberg ist der Bau von sechs Windrädern geplant, wobei drei Grundeigentümer involviert sind. Gadient wusste, dass bereits eine Zustimmung und eine Ablehnung für das Projekt vorliegen. Die dritte Grundeigentümerin, eine Korporation, stimme erst über das Vorhaben ab. Jetzt, wo ein 120 Meter hoher Windmessmast stehe, reden die Leute darüber. «Man stellt sich die Frage, wie sich die Windräder auf den Tourismus auswirken.»

Man stellt sich die Frage, wie sich Windräder auf den Tourismus auswirken.

Moderator Thomas Kempf fühlte den beiden Podiumsgästen mit einigen gezielten Fragen auf den Zahn, bevor er die Diskussion für die Anwesenden freigab. Diese nutzten die Gelegenheit, Gefahren, Risiken, aber auch Bedenken und Gedankenanstösse zu thematisieren. Auch die geplanten Windräder im Linthgebiet waren Thema. Viel Gesprächsstoff lieferte der Atomstrom. Neue Technologien seien erforscht; weshalb diese also nicht nutzen? Für Martin Koller ist dieser Weg zu zeitaufwendig. Der Weg daure viel zu lange, bis diese Technologien in der Schweiz eingesetzt werden dürften. Die Versorgungssicherheit wäre somit nicht gewährleistet. Auch habe das Stimmvolk sich drei Mal für die Energiewende entschieden. Das gelte es für die Axpo als Unternehmerin zu respektieren.

Chance für die Landwirtschaft

In welchen erneuerbaren Energien Koller die Chance für die Landwirtschaft sieht, wollte ein Anwesender wissen. Die Antwort kam prompt. Photovoltaikanlagen seien eine Möglichkeit. Biogas könne eine Chance sein. Von Hof-Windkraft rät er eher ab. Hof-Windräder seien zu klein, um rentabel zu sein. Wind nehme zu, je weiter er vom Boden entfernt ist, so Koller.

Was an diesem Abend auffiel? Die Wortmeldungen schienen nicht weniger, sondern mit fortschreitender Stunde mehr zu werden. Der Beweis, wie treffend die einleitenden Worte von Moderator Thomas Kempf waren.

Das könnte Sie auch interessieren

stgallerbauer.ch Newsletter
Seien Sie die Ersten, um neueste Updates und exklusive Inhalte direkt in Ihren E-Mail-Posteingang zu erhalten.
Anmelden
Sie können sich jederzeit abmelden!
close-link