Ostschweizer Obstbautagung 2025: Junge Obstbauern glauben an die Zukunft

An Nachwuchs mangelt es der Obstbranche nicht, zumindest nicht in der Ostschweiz. Und dieser Nachwuchs ist topmotiviert. Vier junge Obstbauern stellten an der Obstbautagung 2025 ihre Betriebe vor und diskutierten mit Richard Hollenstein über ihre Visionen und deren Umsetzung.

Der Berufsnachwuchs stand vergangenen Freitag, am Nachmittag der Ostschweizer Obstbautagung im Fokus. Ralph Gilg, Präsident des Thurgauer Obstverbandes, zeigte sich erfreut, dass 2024 neun Obstfachleute aus den Kantonen Thurgau und St. Gallen die Betriebsleiterschule (BLS 1) abgeschlossen haben. «Das zeigt, dass die Jungen an die Zukunft des Obstbaus glauben», sagte Gilg. Diesen Optimismus spürte man auch beim Podium, das Richard Hollenstein, Leiter Fachstelle Obstbau am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen, mit vier jungen Obstbauern führte. Trotz verschiedener Widrigkeiten blicken Philipp Angehrn, Dominic Kuppelwieser, Sandro Stadler und Christian Thurnheer positiv in die Zukunft.

Vier spannende Betriebe

Philipp Angehrn aus Häggenschwil ist der Einzige von den vieren, der den elterlichen Betrieb bereits übernommen hat. Von den 32 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche sind 8,5 Hektaren Obstbau (6 ha Kernobst und 2,5 ha Zwetschgen). Sämtliches Obst wird über den Grosshandel vermarktet. Der zweifache Familienvater engagiert sich in verschiedenen Obstbaugremien. Er präsidiert die Fachgruppe Kernobst des St. Galler Obstverbandes und die Steinobstkommission St. Gallen/Thurgau.

Sandro Stadler ist auf dem elterlichen Milchwirtschafts- und Obstbaubetrieb im thurgauischen Langrickenbach angestellt. Die 18 Hektaren umfassende Obstbaufläche teilt sich auf in Äpfel, Birnen und Aprikosen. Die Äpfel und Birnen gehen an die Bofru und an die Tobi Seeobst. Die Aprikosen (62 Aren) werden im Hofladen direktvermarktet. Nebst seinem 80-Prozent-Pensum auf dem Betrieb absolviert Stadler derzeit die Ausbildung zum Agrotechniker.

Der Nächste, der sich vorstellte, war Dominic Kuppelwieser aus Bad Ragaz. Der Betrieb seiner Eltern ist auf Obstbau (12 ha) spezialisiert. Der Demeter-Betrieb setzt auf resistente Apfelsorten. 90 Prozent der Ernte wird an die Tobi Seeobst verkauft. Die andern zehn Prozent und sämtliche Beeren werden direktvermarktet. Ein weiterer Betriebszweig ist der Hofladen mit Café. Die Betriebsübernahme ist auf 2026 geplant. Kuppelwieser ist im Vorstand des Bio-Obstbaurings Ostschweiz.

Christian Thurnheers Eltern bauen in Nussbaumen im Kanton Thurgau auf 8,3 Hektaren Äpfel, Birnen und Beeren an. Die Direktvermarktung spielt eine wichtige Rolle: 40 Prozent der Ernte wird im Hofladen oder auf Wochenmärkten verkauft. 50 Prozent gehen an Volg-Läden, kleinere Detailhändler und Hofläden. Nur zehn Prozent gelangt in den Grosshandel. Thurnheer ist Kassier beim Obstbauring Seerücken. Die Betriebsübernahme ist in den nächsten zwei bis drei Jahren geplant.

Qualität wichtiger als Label

Nach den Betriebsvorstellungen fühlte Richard Hollenstein den jungen Obstbauern auf den Zahn: «Welche Herausforderungen beschäftigen euch im Bereich Pflanzenschutz?» Sandro Stadler und Philipp Angehrn nannten die wegfallenden Wirkstoffe zum Schutz der Kulturen. Stadler meinte: «Es braucht in der Ausbildung eine Sensibilisierung für den korrekten Pflanzenschutz.» Auf Konsumentenebene müsse die Branche noch klarer kommunizieren, weshalb es für eine gesunde Lebensmittelproduktion einen funktionierenden Pflanzenschutz brauche.

Christian Thurnheer, Sandro Stadler, Philipp Angehrn und Dominic Kuppelwieser (von links) sprachen über ihre Visionen.
Christian Thurnheer, Sandro Stadler, Philipp Angehrn und Dominic Kuppelwieser (von links) sprachen über ihre Visionen.

Von Christian Thurnheer wollte Hollenstein wissen, welche Rolle das Label für seine Kunden auf den Wochenmärkten spiele. «Praktisch keine», sagte dieser. «Die Leute kommen zu uns, weil sie uns vertrauen und zufrieden mit der Qualität sind.» Das Gesamtpaket müsse stimmen. Angehrn sprach die Marktsituation allgemein an: «Wir müssen das produzieren, was der Markt sucht und was der Konsument essen will.» Nachhaltigkeit sei ein grosses Thema, fügte er hinzu. «Mit neuen Labeln neue Konsumenten zu gewinnen, ist zukunftsorientiert.» Diese Ansicht teilt Stadler nicht. Seiner Meinung nach gibt es fast zu viele Labels. «Ich stelle bei unseren Aprikosen fest, dass Geschmack und Qualität wichtiger sind als ein Label.»

Von der Landwirtschaft leben

Richard Hollenstein kam abschliessend auf den Klimawandel zu sprechen. Dazu äusserte sich Dominic Kuppelwieser, der in einer Föhnregion zu Hause ist, wie folgt: «Wir hatten 2024 im Februar 20 Grad. Meistens kommt dann wieder ein Kälteeinbruch und wir müssen bewässern.» Dies habe in den letzten Jahren tendenziell zugenommen. Er erwähnte aber auch Vorteile des Klimawandels, beispielswiese eine frühere Ernte.

Befragt nach seiner Vision, sagte Philipp Angehrn: «Mein oberstes Ziel ist es, meine Familie zu ernähren und von der Landwirtschaft leben zu können.» Dabei spiele der Markt eine zentrale Rolle. Für Christian Thurnheer steht das Wohl der Menschen (Mitarbeiter und Konsumenten) im Fokus. Auch er will von der Landwirtschaft leben können. «Und zwar so, dass auch Investitionen möglich sind.» Dominic Kuppelwieser wurde konkreter. Sein Ziel ist es, die verschiedenen Absatzkanäle zu diversifizieren. Ihm schwebt der Ausbau der Direktvermarktung und des Agrotourismus vor. Sandro Stadlers nächstes Etappenziel ist die Betriebsübernahme. Er möchte den Obstbau mit Innovation, neuen Sorten und den bestmöglichen Anbauformen weiterentwickeln.

Hollenstein wünschte ihnen viel Erfolg dabei. Für ihn war die diesjährige Obstbautagung die letzte in dieser Funktion. Ende Juni wird er pensioniert – nach 43 Jahren Tätigkeit als Obstbauberater.

Gratulation zum Abschluss

Urs Haag von der Berufsbildungskommission ehrte die Obstfachleute, die 2024 ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Es sind dies:

Obstfachleute EFZ: Achim Zysset, Goldach; Alic Bächli, Jona; Stefan Gassmann, Altnau.

Betriebsleiter Obstfachleute (BLS 1): Dario Luka Dickenmann, Ellighausen; Michael Merz, Berg; Angela Preisig, Kradolf; Daniel Rüfenacht, Bischofszell; Christoph Schweizer, Sulgen; David Stacher, Neukirch-Egnach; Tobias Stadler, Langrickenbach; Christian Thurnheer, Nussbaumen. sg.

Sie haben 2024 die Betriebsleiterschule Obstfachleute (BLS 1) abgeschlossen. Aussen rechts: BBK-Mitglied Urs Haag und TOV-Präsident Ralph Gilg.
Sie haben 2024 die Betriebsleiterschule Obstfachleute (BLS 1) abgeschlossen. Aussen rechts: BBK-Mitglied Urs Haag und TOV-Präsident Ralph Gilg.

Reduktion der CO2-Bilanz im Obstbau

Das Morgenprogramm der Ostschweizer Obstfachtagung enthielt Fachinformationen zu Krankheiten, Schädlingen und Programmen. Ebenso gab es Informationen vom Schweizer Obstverband (SOV). Direktor Jimmy Mariéthoz kündigte die zweite Etappe der Klimastrategie Obst und Beeren an. Martin Kathriner von der MK Consulting stellte den Anwesenden die Resultate vor. Haupteinflussfaktor auf die Treibhausgas-Intensität ist der Ertrag pro Hektar. So emittiert ein Kilo Äpfel rund 0,12 Kilo CO2-Äquivalente (eq). Bei Zwetschgen sind es 0,15 Kilo CO2-eq, bei Kirschen 0,28 Kilo CO2-eq. «Das sind tiefe Werte», sagte Kathriner. So liege dieser Wert bei Brotweizen bei 0,109 Kilo CO2-eq und bei Fleisch zwischen 8,8 und 15,3 Kilo CO2-eq. «Die Obstbranche hat den Vorteil, dass die Bäume CO2 binden», sagte Kathriner. Zur Kompensation der Emissionen könne der Obstbaubetrieb Pflanzenkohle einsetzen. Weitere Stellschrauben seien Elektrotraktoren, Durchfahrten reduzieren, Entec-Dünger und die Verwertung gerodeter Bäume. Jimmy Mariéthoz kündigte an, dass ein CO2-Berechnungstool entstehen soll. sg.

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